Interview mit Selena M.

Drei Worte, die dich am besten beschreiben!
Kämpferisch, ehrlich, tiefgründig
Gibt es etwas über dich, das wir unbedingt wissen sollten?
Ich bin eine heimliche idealistische Romantikerin, zeige das aber nur wenig nach außen. In meinen Büchern findet man mich, wenn man zwischen den Zeilen liest.
Geboren Mitte der '60iger, wuchs ich noch ohne Handy oder PC auf, tollte lieber auf Bäumen herum oder spielte mit meinem Cousin Fussball, als Hanni und Nanni zu lesen wie die meisten Mädels in meinem Alter. Als Teenager schaute ich mit Vorliebe Serien wie 'Holocaust' oder 'Roots', las 'Das Mädchenorchester von Ausschwitz' oder Tolstoi's 'Krieg und Frieden'. Ich glaube, irgendwann kam der Punkt in meinem Leben, wo ich 'Nein' sagte. Nein zu Kapitalismus, zu Religionen im Allgemeinen und zu Kriegen, die nur wegen einigen wenigen Macht- und Geldgierigen entstehen. Dafür entstand 2015 mein Land Keshenja, ein Platz, an dem ich mich selbst wohlfühlen würde, auch wenn es für unsere Verhältnisse vielleicht rückständig im Materiellen und Technischen erscheinen mag.
Was schreibst du so?
Seit 2015 schreibe ich an einer Fantasy-Reihe, die mittlerweile acht Bände umfasst. Der erste Teil 'Die Raumwanderin' war zuerst als Einzelband gedacht, so wie man die Geschichte auch als Einzelband lesen kann. Als das Buch fertig war, fühlte ich mich allerdings so inspiriert, um es mit einer weiteren Geschichte aus der Sicht eines anderen Protagonisten aufzunehmen, die an den ersten Teil angelehnt ist. Inzwischen ist eine ganze Welt mit unterschiedlichen Rassen und unterschiedlichen Fähigkeiten entstanden, nachdem ich nach Abschluss des dritten Bandes 'Schattengeflüster' genug Potential für ein ganzes Zeitalter entdeckte.
Wie bereitest du dich auf deine Geschichten vor? (Recherche, Interviews, etc...) Was war dabei die bisher aufwendigste Vorarbeit?
Da es sich um eine rein fiktive Welt handelt, gab es nicht allzu viel zu recherchieren. Allerdings erinnere ich mich, über Verhütungen in Schmiedewerkstätten so einiges im Internet durchgelesen zu haben, sowie über mittelalterlichen Schiffsbau und Seenavigation. Schwer tue ich mich vor allem bei physikalischen Dingen, da ich schon damals in der Schule in Mathe und Physik eine echte Niete war. Theoretische Physik war vor allem für das 4.Buch wichtig, um nicht völligen Blödsinn über 'Die drei Welten' zu schreiben. Geholfen hat mir dabei mein physikbegabter Sohn, um mir das Raum und Zeit-Kontinuum verständlich zu erklären.
Wer oder was hat dich zum Schreiben gebracht?
Ich habe mich selbst zum Schreiben gebracht und wollte schon 'Schriftstellerin' werden, als ich 6 Jahre alt war. Geschrieben habe ich schon immer, und tatsächlich gibt es vier fertiggestellte Bücher vor der Fantasy-Reihe von mir, allerdings nicht veröffentlicht, da sich im Laufe der letzten Jahrzehnte mein Stil und mein Geschmack verändert haben.
Fantasy-Fan wurde ich durch eine Freundin, die mir vor zwanzig Jahren das Buch 'Die Nebel von Avalon' in die Hand drückte. Inspiriert hat mich letztendlich Tolkien mit 'HdR', es auch mal im fantastischen Bereich zu versuchen.
Planen oder einfach drauf los schreiben?
Ein kleines Grundkonzept hatte ich bei jedem meiner Bücher, die erzählenden Protagonisten suchte fast immer mein Sohn aus, der alle Bücher kennt, da ich sie ihm unkorrigiert stückchenweise vorlese und um seine Meinung bitte. Die Handlung passe ich dann dem jeweiligen Protagonisten an, so dass eigens zurechtgeschnittene Abenteuer entstehen konnten. Jetzt in den letzten beiden Abschlussbänden habe ich allerdings ein mehrseitiges Storyboard zur Hand, um mich bei all den angesammelten Informationen, Namen und vor allem dem Erzählstrang nicht zu verfransen.
Dein perfekter Schreibort? Wo fühlst du dich zu Hause?
Zu Hause. Wohnzimmer gleich Arbeitszimmer mit Blick auf grünen Balkon und im Hintergrund aufragender Wald.
Woran schreibst du gerade?
Am vorletzten Band, wobei ich erwähnen sollte, dass Band 9 und 10 zusammengehören, während die ersten Teile durchaus einzeln gelesen werden können. Für mich sind die letzten beiden Bände eine echte Herausforderung, stilistisch, aber auch um die subtile Spannung aufrechtzuerhalten. Obendrein wage ich etwas völlig Neues und lasse abwechselnd 4 Protagonisten erzählen, wobei die Zeitlinie stimmig sein muss, sowie natürlich jeder der vier seinen eigenen Erzählstil beibehalten soll. Und da ich mit Noál in der Raumwanderin anfing, wird es auch mit Noál enden. Wie, weiß ich allerdings auch noch nicht. Darüber mache ich mir einen Kopf, kurz bevor ich den letzten Teil anfange.
Wie wichtig ist dir den Ort/Schauplatz zu kennen, über den du schreibst?
Sehr wichtig, sogar in meiner fiktiven Welt. Die Rassen habe ich den jeweiligen Umgebungen angepasst, ihre Art, aber auch ihre Kultur und ihr Auftreten. Ähnlichkeiten zu unserer Welt sind dabei vorhanden, wobei ich trotzdem darauf geachtet habe, neben den Fähigkeiten und der Magie auch etwas ganz eigenes mit einfließen zu lassen.
Hast du das Ende schon am Anfang in deinen Gedanken oder entwickelt sich dieses mit der Zeit?
Einen groben Umriss vom Ende habe ich schon vorher im Kopf. Ich finde es während des Schreibens allerdings spannend, darauf hinzuarbeiten und überrasche mich selbst, was daraus entsteht. Zu Beginn ist es, als würde man noch die Protagonisten führen, ab einem bestimmten Zeitpunkt übernehmen sie das Ruder und die Story entwickelt eine Eigendynamik. Ich persönlich finde das während des Schreibens sehr interessant, weil das Ende dann doch überraschend wird. - Es kommt eben immer alles anders, als man denkt.

Herzlichen Dank,dass du dir für meine Fragen Zeit genommen hast
LG Nika